FACHKRÄFTE Land zahlt weniger. Für 14 Arbeitsplätze im Kreis reicht das nicht.
Nun wird nach Lösungen gesucht.
Jugendpfleger bangen um ihre Stellen
VON MARKUS WAGNER
WITTENBERG/MZ - "Ich muss mich am 30. September bei der Agentur für Arbeit melden." Für
Jugendpflegerin Beate Stahn steht das schon fest. Ende des Jahres läuft ihr befristeter Arbeitsvertrag
aus, wie die ihrer 13 Kollegen, die bislang über das Fachkräfteprogramm bezahlt werden. Drei
Monate vorher will die Agentur von allen eine Meldung. Wie es im Januar für Beate Stahn - und die
fünf Jugendclubs, die sie betreut - weitergeht, ist ungewiss. Das Land hat seinen Zuschuss gekürzt,
für alle 14 Stellen im Kreis ist ab 2011 zumindest im Fachkräfteprogramm nicht genug Geld da.
"Alle Stellen müssen aber erhalten bleiben", fordert der Kreiskinder- und Jugendring (KKJR). Fiele
eine Stelle weg, könnte das von den anderen nicht mehr aufgefangen werden. "Die Belastung geht
schon jetzt an die Grenze", sagt Vorstandsmitglied Tobias Baumgarte -ganz abgesehen davon, dass
die Attraktivität der Stellen nicht sehr hoch sei. Von den 14 arbeitet kein einziger in Vollzeit, die
meisten arbeiten 32 Stunden in der Woche. "Einen jungen diplomierten Sozialarbeiter kann man
damit kaum locken", sagt Baumgarte.
Beate Stahn konnte man damals noch locken. Seit 2002 ist sie Jugendpflegerin beim KKJR - und
hat schon so manches mitgemacht. Heute betreut sie fünf Einrichtungen in der großen Stadt Bad
Schmiedeberg. 1 700 Kinder und Jugendliche von sechs bis 27 Jahre leben dort. Ihr Programm
schafft Frau Stahn nur mit guter Zeitplanung, Hilfe von Ein-Euro-Jobbern und geschlossenen Augen
beim Blick auf die Uhr. "Wenn man Spaß an der Arbeit hat, schaut man nicht auf die Zeit", sagt sie.
Allerdings schaut man sehr wohl auf das Ende der Verträge. Es ist ja nicht das erste Mal, dass die
Stellen auslaufen. Drei oder vier Hängepartien hat Beate Stahn selbst hinter sich. Immer stand am
Ende die Frage, ob überhaupt und wenn, ob dann genug Geld da ist. Am gravierendsten war das Ende
2004. Damals lief das "Feststellenprogramm" aus, das bis heute aufgelegte "Fachkräfteprogramm"
folgte erst Monate später.
Dass Geld kommt, ist diesmal klar, dass es allerdings statt 3,5 nur noch drei Millionen Euro für das
komplette Programm im Land geben wird, auch. "Ursprünglich war eine Halbierung vorgesehen",
merkt Corinna Reinecke (SPD) an. Die Fachpolitiker hätten die niedrigere Kürzung durchgesetzt. Ein
Erfolg, aber es bleibt eine Kürzung. Für den Landkreis Wittenberg könnte das ein Loch von rund 25
000 Euro ausmachen. Das Jugendamt hat die 14 Stellen neu ausgeschrieben, bis heute können sich
die Träger darum bewerben. "Ich gehe davon aus, dass das alle tun werden", sagt die Vorsitzende
des Jugendhilfeausschusses des Kreistages, Christine Golly (CDU). Am 27. September werde es eine
Arbeitsberatung geben, dann werde man im Kreistag Mehrheiten suchen, um das Geld zu sichern,
das der Kreis dank der Kürzung vom Land als Kofinanzierung einspart.
Dass der Kreis seinen Anteil so hoch wie 2008 hält, dafür plädiert der KKJR. Die Frage ist nur,
wie das Geld den Fachkräften zugute kommen soll. Allein die Kofinanzierung nicht abzusenken,
funktioniert nach Förderrecht nicht. Eine eigene Stelle lässt sich mit 30 Prozent von 25 000 Euro
kaum finanzieren. Was tun? Am Mittwoch hatte der KKJR eine Runde einberufen, die sich zunächst
ausgetauscht hat. Nun wollen die Träger in einer eigenen Beratung Wege suchen. Beate Stahn
geht erst einmal zur Agentur für Arbeit und kündigt sich für Januar an. Sorgen macht das nicht nur
Bericht MARKUS WAGNER (MZ am 10.09.2010)